Leitfaden für NGA-Projekte von Kommunen
Die besonderen Bestimmungen der AGVO für Beihilfen für Breitbandinfrastrukturen (Artikel 52 AGVO) orientieren sich an den Breitband-Leitlinien der EU-Kommission vom 25. Januar 2013 (EU-BL), weshalb diese als Auslegungshilfe herangezogen werden können.
Dieser Leitfaden soll praktische Hinweise zur beihilferechtskonformen Vorgehensweise bei kommunal geförderten NGA-Projekten geben. Bei NGA-Projekten geht es um den Aufbau von elektronischen Kommunikationsnetzen, die die Möglichkeit bieten, Breitbandzugangsdienste mit Geschwindigkeiten von mindestens 30 Mbit/s bereitzustellen (Hochgeschwindigkeitsnetze).
In Abgrenzung zur früheren Rechtslage wird vorab darauf hingewiesen, dass eine Umfrage unter den Endnutzern im potenziellen Fördergebiet zum Nachweis eines Bedarfs für NGA-fähige Netze, sog. Bedarfsumfrage, keine in der AGVO genannte Fördervoraussetzung ist.
Wesentliche Verfahrensschritte sind:
1. Festlegung des Zielgebietes
Die Kommune muss ein Zielgebiet festlegen, in dem keine NGA-Infrastruktur vorhanden ist, sog. "weißer" NGA-Fleck (s. Artikel 52 Abs. 3 AGVO).
Hierfür muss sie die vorhandende Breitbandversorgung in ihrem Gemeindegebiet feststellen, die Versorgungsgrade darstellen und darauf aufbauend die Versorgungsbereiche ("weiße", "graue" und "schwarze" Flecken bei Breitbandgrundversorgungsnetzen sowie "weiße", "graue" und "schwarze" NGA-Flecken) möglichst genau abgrenzen.
Der Grad der Breitbandversorgung kann dem Breitbandatlas des Landes Rheinland-Pfalz entnommen werden. Ergänzend kann er bei den vor Ort tätigen Telekommunikationsanbietern abgefragt werden.
Die Kommune kann die Bundesnetzagentur im Rahmen der Festlegung des Zielgebietes konsultieren.
2. Durchführung eines Markterkundungsverfahrens
Die Kommune muss im Rahmen einer öffentlichen Konsultation abfragen, ob ein Telekommunikationsanbieter den Aufbau eines NGA-Netzes im Zielgebiet in den drei Jahren nach der Veröffentlichung der geplanten Beihilfemaßnahme unter Marktbedingungen beabsichtigt (s. Artikel 52 Abs. 3 AGVO).
Die Markterkundung muss auf der zentralen Website, dem Online-Portal des Bundes www.breitbandausschreibungen.de veröffentlicht werden. Hierzu ist eine Registrierung notwendig (wegen der Einzelheiten zur Registrierung und zu dem dort für die Markterkundung hinterlegten Formular s. unter der Rubrik "Veröffentlichungen").
Als Unterlagen zur Markterkundung sollte die Kommune eine kartenmäßige und tabellarische Darstellung des Zielgebietes mit der Anzahl der Haushalte, soweit bekannt einschließlich der Gewerbegebiete, und eine Zusammenfassung des Erschließungsvorhabens beifügen.
Im Rahmen dieser Konsultation muss auch nach der eigenen und kontrollierten Infrastruktur des Telekommunikationsanbieters im Zielgebiet gefragt werden. Hier sollten detaillierte Informationen, unter anderem zu den aktuellen Upload- und Downloadgeschwindigkeiten, abgefragt werden.
Darüber hinaus sollte die Kommune zur Sicherheit die Ausbaupläne durch Anschreiben der örtlich tätigen Telekommunikationsanbieter abfragen. Im rheinland-pfälzischen Breitbandatlas können unter www.breitbandatlas.de Anbieter abgerufen werden.
Ergänzend zu dem Markterkundungsverfahren bietet es sich an, gleichzeitig ein nichtförmliches Interessenbekundungsverfahren durchzuführen, in dem zusätzlich nach den Ausbaumöglichkeiten im Falle einer staatlichen Förderung gefragt wird (geplante Architektur u.ä.). Dies ermöglicht es, die geplante Fördermaßnahme frühzeitig zu spezifizieren.
Hierfür ist das auf dem Online-Portal des Bundes www.breitbandausschreibungen.de für die Interessenbekundung hinterlegte Formular zu verwenden.
Ergibt das Markterkundungsverfahren (mit nichtförmlichem Interessenbekundungsverfahren), dass ein Zuschussbedarf besteht, können die weiteren Verfahrensschritte eingeleitet werden.
Sofern ein Telekommunikationsanbieter Interesse am Aufbau eines eigenen NGA-Netzes im Zielgebiet oder in Teilen des Zielgebietes in den nächsten drei bis vier Jahren unter Marktbedingungen mitteilt, sollte die Kommune diesen dazu auffordern, seine Ausbauabsichten innerhalb von zwei Monaten detailliert zu belegen. Der Nachweis sollte zumindest durch Vorlage eines detaillierten Geschäftsplans und eines ausführlichen Zeitplans mit Meilensteinen für den Netzausbau erbracht werden. Eine Auflistung derjenigen Unterlagen, die darüber hinaus angefordert werden können, ergibt sich aus der als Download zur Verfügung stehenden Liste. Werden die Ausbauabsichten nicht glaubhaft dargelegt oder wird ein Meilenstein nicht fristgerecht erreicht, kann die Kommune mit der Umsetzung der geplanten Fördermaßnahme beginnen.
3. Darstellung der bestehenden Infrastruktur
Die Kommune muss in der Ausschreibung dazu aufrufen, die bestehende Infrastruktur zu nutzen. Diese Aufforderung sollte durch eine kartenmäßige Darstellung der bekannten bestehenden Infrastrukturen im Zielgebiet (z.B. Backbone-Trassen, Leerrohre, Glasfaserkabel, HVT, KVz, Outdoor-DSLAM, LWL, Türme, Funkmasten, Bahntrassen, Straßen) konkretisiert werden. Dies ist im Vorfeld der Ausschreibung zusammenzustellen.
Zusätzlich zu den von den Telekommunikationsanbietern im Rahmen des Markterkundungsverfahrens (auch der BNetzA) zur Veröffentlichung genannten eigenen und von ihnen kontrollierten Infrastrukturen im Zielgebiet können die bekannten bestehenden Infrastrukturen dem Infrastrukturatlas der BNetzA (ISA-BNetzA) entnommen werden. Die Kommune kann die Bundesnetzagentur im Rahmen der Darstellung der bestehenden Infrastrukturen im Zielgebiet konsultieren.
4. Wettbewerbliches Auswahlverfahren
Die Kommune muss den Auftrag zur flächendeckenden Versorgung der privaten Haushalte und der Unternehmen ihrer Gemeinde mit hochleistungsfähigen Internetzugängen im Rahmen einer offenen, transparenten und diskriminierungsfreien Ausschreibung unter Wahrung des Grundsatzes der Technologieneutralität ausschreiben (s. Artikel 52 Abs. 4 AGVO).
Die Ausschreibung muss auf dem Online-Portal des Bundes www.breitbandaus-schreibungen.de veröffentlicht werden. Hierzu ist eine Registrierung notwendig (wegen der Einzelheiten zur Registrierung und zu den dort für Ausschreibungen hinterlegten Formularen s. unter der Rubrik "Veröffentlichungen").
Die Ausschreibung kann sich auf die Inanspruchnahme bzw. Nutzung von Leerrohren der Kommune (mit oder ohne Kabel; u.U. nur Erdarbeiten) und (ergänzend)/oder auf die Errichtung und den Betrieb eines geförderten NGA-Netzes beziehen.
Wie bereits unter 3. erwähnt wurde, muss die Kommune in der Ausschreibung dazu aufrufen, die bestehende Infrastruktur zu nutzen.
Bei der Beschreibung der Leistung ist im Ausschreibungstext darauf hinzuweisen, dass der Netzbetreiber zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen einen möglichst umfassenden Zugang zu den aktiven und passiven Infrastrukturen auf Vorleistungsebene einschließlich einer physischen Entbündelung gewähren muss (s. Artikel 52 Abs. 5 AGVO). Des Weiteren hat ein Hinweis zu erfolgen, dass dieser Zugang auf Vorleistungsebene für mindestens sieben Jahren zu gewähren ist und das Recht auf Zugang zu Leerrohren und Masten unbefristet bestehen muss. Im Falle staatlicher Beihilfen für die Finanzierung der Verlegung von Leerrohren muss darüber hinaus mitgeteilt werden, dass die Leerrohre groß genug für mehrere Kabelnetze und auf verschiedene Netztypologien ausgelegt sein müssen. Außerdem sind in der Ausschreibung die für das Benchmarking von Vorleistungspreisen herangezogenen Kriterien anzugeben.
Ferner ist auszuführen, dass bei Angebotsabgabe zwingend eine Erklärung zur Einhaltung der geltenden Bestimmungen zur Bekämpfung der Schwarzarbeit und illegaler Beschäftigung und eine Erklärung zur Einhaltung des Landestariftreuegesetzes abzugeben sind.
In den Fällen der Gewährung eines direkten Zuschusses sind Angaben zu der geplanten NGA-Netzstruktur, den Investitionskosten, den zu erwartenden Einnahmen, den zu erwartenden Endkunden und dem Abschreibungszeitraum zu fordern.
Schließlich müssen die qualitativen Zuschlagskriterien, anhand deren die Angebote beurteilt werden, und deren relative Gewichtung genannt werden .
Zu den Unterlagen der Ausschreibung gehören auch die kartenmäßige und tabellarische Darstellung des Zielgebietes mit der Anzahl der Haushalte, soweit bekannt einschließlich der Gewerbegebiete, und der bekannten bestehenden Infrastrukturen im Zielgebiet.
5. Erarbeitung des Entwurfs eines Kooperationsvertrages
In den Entwurf eines Kooperationsvertrages zwischen dem Betreiber des NGA-Netzes und der Kommune ist eine Regelung aufzunehmen, wonach der Netzbetreiber verpflichtet ist, zu fairen und diskriminierungsfreien Bedingungen einen möglichst umfassenden Zugang zu den aktiven und passiven Infrastrukturen auf Vorleistungsebene einschließlich einer physischen Entbündelung zu gewähren und zwar für mindestens sieben Jahre, wobei das Recht auf Zugang zu Leerrohren und Masten unbefristet bestehen muss.
Ferner muss der Betreiber des NGA-Netzes verpflichtet werden, effektiven Zugang auf Vorleistungsebene so früh wie möglich vor Inbetriebnahme des Netzes zu gewähren.
In den Vertragsentwurf sind auch die Zugangsbedingungen (einschließlich Preisen) festzulegen (s. Artikel 52 Abs. 6 AGVO). Hierbei hat die Kommune die BNetzA zu konsultieren. Die BNetzA prüft insbesondere die Zugangsvarianten, die effektive Nutzbarkeit des Netzzugangsanspruchs, den Mechanismus der Festlegung der Preise für den Zugang auf Vorleistungsebene und die Beachtung des Diskriminierungsverbotes. Die Vorleistungspreise müssen sich an den Vorleistungspreisen, die von der BNetzA für gleiche oder vergleichbare Zugangsleistungen festgelegt oder genehmigt worden sind, orientieren bzw. auf die Preisfestsetzungsgrundsätze der BNetzA und auf Benchmarks stützen, die in vergleichbaren, wettbewerbsintensiveren Gebieten gelten.
Im Falle einer Beihilfe von über 10 Mio. EUR ist in dem Vertragsentwurf ein Überwachungs- und Rückforderungsmechanismus zu regeln (s. Artikel 52 Abs. 7 AGVO).
6. Veröffentlichung, Berichterstattung und Monitoring
Die Kommune hat eine Kurzbeschreibung und den vollständigen Wortlaut jeder auf der Grundlage der AGVO freigestellten Maßnahme innerhalb von 6 Monaten nach dem Tag der Gewährung der Beihilfe für 10 Jahre oder einen Link, der Zugang dazu bietet, auf einer ausführlichen Beihilfe-Website zu veröffentlichen (s. Artikel 9 Abs. 1 und 4 Satz 2 AGVO). Bei Einzelbeihilfen von über 500.000,- EUR sind weitere Informationen zu veröffentlichen (s. Artikel 9 Abs. 1 Buchst. c und 4 Satz 1 und Anhang III AGVO). Diese Informationen sind im Falle von Beihilfemaßnahmen, die auf die AGVO gestützt werden, voraussichtlich ebenso wie die Ausschreibungen auf dem Online-Portal des Bundes (www.breitbandausschreibungen.de) zu veröffentlichen.
Die Kommune ist ferner verpflichtet, eine Kurzbeschreibung jeder auf der Grundlage der AGVO freigestellten Maßnahme innerhalb von 20 Arbeitstagen nach deren Inkrafttreten über das elektronische Anmeldesystem (SANI) zu übermitteln (s. Artikel 11 Buchst. a AGVO). In der Kurzbeschreibung, für die das Formular des Anhangs II der AGVO zu verwenden ist, ist auch ein Link zum vollen Wortlaut der Beihilfemaßnahme" anzugeben.
Schließlich muss die Kommune diejenigen Informationen und Unterlagen bereithalten, die der Kommission eine Prüfung der Beihilfemaßnahme ermöglicht (s. Artikel 12 AGVO). Diese Informationen und Unterlagen sind im Falle von Beihilfemaßnahmen, die auf die AGVO gestützt werden, voraussichtlich dem Bund über ein im OnlinePortal (www.breitbandausschreibungen.de) abrufbares OnlineMonitoringSystem zu übermitteln.