Next Generation Access | Rheinland-Pfalz auf dem Weg ins Hochgeschwindigkeitsnetz

Hohe Bandbreiten bedeuten vor allem eines: einen Standortvorteil. Verfasser von Studien gehen davon aus, dass ein Anstieg der Breitbandversorgung um 10 Prozent zu einem jährlichen BIP-Wachstum von 1-1,5 Prozent und zu Produktivitätssteigerungen von 1,5 Prozent führen kann. Auch die Weltbank prognostiziert bei einem Anstieg der Breitbandinfrastruktur um 10 Prozentpunkte eine Steigerung des Bruttosozialprodukts in wohlhabenden Ländern um 1,21 Prozent.

Da sich die Digitalisierung durch nahezu alle Bereiche unserer Gesellschaft zieht, können gerade für ländliche Regionen Potenziale entstehen. Die Präsenz am Arbeitsplatz ist immer seltener erforderlich: Stichwort Telearbeit. Ein Wohnen in ländlichen Regionen muss nicht zwangsläufig einhergehen mit langen Fahrtzeiten in Ballungsräume. Die vielbeschriebene Vereinbarkeit von Familie und Beruf oder die Pflege eines Angehörigen mit der eigenen Berufstätigkeit wird so ermöglicht. Und ein weiterer Effekt kann sich einstellen: Günstige Grundstückspreise in Kombination mit zukunftsfesten Bandbreiten bringen ländliche Regionen auf Augenhöhe mit Ballungszentren. Für kleine und mittelständische Unternehmen in ländlichen Regionen können sich durch Breitband neue Märkte und Absatzmöglichkeiten eröffnen.

Schließlich bedeutet eine zukunftsfeste Breitbandinfrastruktur ganz konkret Wertsteigerung. Eine Umfrage unter 1 500 Hausverkäufern in Großbritannien belegt: Schnelle Datenanbindungen sind für Immobilienkäufer ein entscheidender Faktor. Anzeigen mit Angabe der vor Ort verfügbaren Bandbreite wurden doppelt so oft aufgerufen. Zwanzig Prozent der Haussucher informieren sich als erstes über die verfügbaren Bandbreiten vor Ort, bevor sie sich einen Überblick über die Nachbarschaft verschaffen. Dagegen entscheiden sich 10 Prozent der Hausinteressenten aufgrund einer zu langsamen Internetverbindung gegen eine Immobilie.

Einhergehend mit dem demographischen Wandel können gerade ältere Menschen von breitbandigen Internetanbindungen profitieren. eHealth-Angebote oder Ambient Assisted Living Services stellen Dienste zur Verfügung, mit deren Hilfe ein selbstbestimmtes oder ein sogenanntes umgebungsunterstütztes Leben in den eigenen vier Wänden länger ermöglicht werden kann.

Und auch mit Blick auf die Energiewende ist Breitbandinfrastruktur unverzichtbar: Windkraftanlagen brauchen glasfaserbasierte Anbindungen an das World Wide Web zwecks Steuerung und Überwachung. Als Standorte für die Windkrafträder kommen ländliche Regionen aufgrund ihrer Besiedlungsdichte in Betracht. In diesem Zusammenhang ist ein intelligentes Stromnetz (smart grid) essenziell. Es basiert auf einer kommunikativen Vernetzung und Steuerung von Stromerzeugern, Speicherkapazitäten und Verbrauchseinheiten in den Stromnetzen. Nur mit der dadurch gewährleisteten Optimierung und Überwachung der miteinander verbundenen Bestandteile kann auch die Energieversorgung gesichert werden.

Flächendeckende Grundversorgung für alle Haushalte schaffen

Um im ganzen Land gleichermaßen die Vielzahl an digitalen Angeboten nutzen zu können, müssen die hierfür notwendigen Voraussetzungen geschaffen werden. Das Aktionsprogramm „Schnelles Internet für Rheinland-Pfalz – Optimierung der Breitbandinfrastruktur“ war im April 2012 Startschuss für eine Neuausrichtung der Aktivitäten der rheinland-pfälzischen Landesregierung für den Auf- und Ausbau der Breitbandinfrastrukturen. Damit wurde für den im Koalitionsvertrag vereinbarten flächendeckenden Ausbau einer breitbandigen Grundversorgung – mindestens 2Mbit/s – die notwendige operative Basis geschaffen. Begleitet wurde diese Neuausrichtung mit einem Fördermittelvolumen von 11,2 Millionen Euro und durch Möglichkeiten beihilfekonformer, zweckgebundener, zinsgünstiger Darlehen für kommunale Gebietskörperschaften, Zweckverbände und Unternehmen. Für Gesellschaften mit kommunaler Beteiligung wurde ein Bürgschaftsprogramm aufgelegt. Damit war eine günstige Refinanzierung bei den Hausbanken möglich. Mit diesem Maßnahmenpaket ist es möglich, noch im Jahr 2013 die notwendigen Voraussetzungen für eine flächendeckende Grundversorgung aller Haushalte in Rheinland-Pfalz  mit leistungsfähigem Breitband zu schaffen.

Geht es nach dem Willen der EU, sollen bis zum Jahr 2020 allen Haushalten im Land Bandbreiten von mindestens 30 Mbit/s zur Verfügung stehen. Eine Verdichtung der Bandbreiten bis zu 100 Mbit/s wird in einem darauffolgenden Schritt stattfinden.

Next Generation Access

Auf all diese Entwicklungen muss die Politik vorausschauend Antworten bereithalten. Bereits im Koalitionsvertrag ist hierzu der Auf- und Ausbau von Breitband-Hochgeschwindigkeitsnetzwerken als logischer nächster Schritt angelegt. Mit der NGA-Strategie (Next Generation Access) wird der erfolgreiche Auf- und Ausbau der Grundversorgung fortgeschrieben und schrittweise und bedarfsorientiert weiterentwickelt.

Aufbauend auf einer flächendeckenden Grundversorgung ist der nächste Schritt ein Aus- und Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen. Das Ziel: Bis zum Jahr 2020 sollen allen Haushalten im Land Bandbreiten von mindestens 30 Mbit/s zur Verfügung stehen. Anschließend ist eine Verdichtung der Bandbreiten bis zu 100 Mbit/s geplant.

Dies soll mithilfe eines dreigliedrigen Vorgehens realisiert werden: durch das Bilden großer Bedarfseinheiten zum Auf- beziehungsweise Ausbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen, einer Analyse und Bestandsaufnahme von in der Bedarfseinheit bereits vorhandenen Infrastrukturen, die für den Aus- und Aufbau von Hochgeschwindigkeitsnetzen genutzt werden können, und schließlich der kooperativen Eigeninitiative aller Verantwortlichen vor Ort gemeinsam mit den Breitbandberatern des Landes unter Einbeziehung vorhandener Förder- und Unterstützungsinstrumente. Kurz: Synergien werden erkannt, gehoben und ausgebaut. Denn die Erfahrungen der vergangenen Jahre haben gezeigt: Je größer eine auszubauende Einheit ist, umso attraktiver wird sie für Telekommunikationsanbieter. Das rheinland-pfälzische Breitbandprojektbüro konnte durch die Erstellung eines Gesamtkonzepts anfangs prognostizierte breitbandige Ausbaukosten für den Eifelkreis Bitburg-Prüm von 12 Millionen Euro auf 6 Millionen Euro reduzieren. Ermöglicht hat dies ein Konzept, das mit den Partnern vor Ort entwickelt wurde und schrittweise in den nächsten Jahren umgesetzt wird. Andere Kreise werden dem Beispiel folgen.

Um Synergien nutzen zu können, müssen vorhandene Potenziale erkannt werden. Mit der rheinland-pfälzischen Version des Breitbandatlas und dem rheinland-pfälzischen Infrastrukturatlas haben wir zwei verzahnte Informationssysteme, auf die die Berater des rheinland-pfälzischen Breitbandprojekt-Büros vor Ort zurückgreifen. Darüber hinaus hilft der Breitbandatlas, der auch den Kommunen zur Verfügung steht, sich einen ersten Überblick über die Breitbandversorgung der eigenen Kommune zu verschaffen.

Zusammenarbeit von Land, Wirtschaft und Kommunen

In vielen Fach- und Expertengesprächen steht das Breitbandprojekt-Büro im ständigen Austausch mit Vertretern der Wirtschaft und Akteuren in diesem Segment. Bei wichtigen Fragen in Bezug auf Beihilfen und Förderungen geht es in erster Linie darum, die Informationen und das Wissen direkt vor Ort zu den Menschen zu bringen, die sich mit dem Thema befassen. Immer wieder sind direkte Gespräche Ausgangspunkt neuer und innovativer Herangehensweisen.

Vor Ort werden die Breitbandberater gemeinsam mit unabhängigen Ingenieurbüros und Beratern sowie den kommunal Verantwortlichen eine Machbarkeitsstudie für die zu erschließende Bedarfseinheit skizzieren und Einheiten (Gemeinden) zusammenfassen, die vom Projektträger unter Berücksichtig vorhandener Vorschriften ausgeschrieben werden.

Grundsätzlich ist der Aufbau einer eigenen kommunalen Infrastruktur durch die Gemeinde(n) erste Wahl. Kommunale Energieversorger, Stadtwerke und Bauhöfe oder neu zu gründende Betreibergesellschaften können solche Projekte erfolgreich verwirklichen. Im Westerwaldkreis etwa wurde ein Kooperationsmodell zwischen Wirtschaft und Kommune in dieser Weise erfolgreich auf den Weg gebracht. Alternativ ist aber auch die Förderung einer Wirtschaftlichkeitslücke denkbar. In diese Richtung weisen erste Entwürfe der überarbeitenden Bundesrahmenregelung Leerrohre, neu: Rahmenregelung der Bundesregierung zur Unterstützung des Aufbaus einer flächendeckenden Next Generation Access (NGA)-Breitbandversorgung. Hier muss die finale Entscheidung abgewartet werden. Inwieweit steuernde und regulative Elemente mit Einzug finden, bleibt abzuwarten. Die Ergebnisse werden in der rheinland-pfälzischen NGA-Strategie Eingang finden.